Romantische Oper Richard Wagner
Romantische Oper in drei Akten
In deutscher Sprache mit Übertexten
Aufführungsdauer: 4 Stunden, 30 Minuten, zwei Pausen (nach ca. 1 Stunde und nach ca. 2 Stunden 50 Minuten)
Vor dem König wird Elsa beschuldigt, ihren Bruder Gottfried getötet zu haben. Ein Zweikampf soll als ‚Gottesgericht‘ den Fall entscheiden. Sie ruft einen fremden Ritter zu Hilfe, der wundersam in einem Nachen, gezogen von einem Schwan, erscheint. Er besiegt den Ankläger Friedrich von Telramund und heiratet Elsa. Sie aber darf ihn niemals nach seinem Namen fragen. In der Hochzeitsnacht hält Elsa es nicht mehr aus und stellt die Frage. Der Fremde erklärt, er sei Lohengrin, der einmal erkannt sie nun wieder verlassen muss.
Richard Wagner soll Lohengrin als seinen „allertraurigsten Stoff“ empfunden haben, was sich zweifellos auf die Situation des wundersamen Titelhelden bezog, der einem im Jubel der Massen einsamen Künstler gleicht. Das war Wagner 1850 noch nicht – er konnte nicht einmal bei der Uraufführung in Weimar anwesend sein, da er nach den Aufständen von 1849 in die Schweiz geflohen war.
Tatsächlich stehen sich im Lohengrin zwei Märchenfiguren gegenüber: der von Gott gesandte Lohengrin und die hexengleiche Ortrud. Für Carl Dahlhaus stellt das Werk daher „das Paradox einer tragischen Märchenoper in der äußeren Form eines Historiendramas“ dar. Sein romantisches Wesen aber liegt in der Zweideutigkeit seiner dramatischen wie seiner musikalischen Ausgestaltung.
Nach Tristan und Isolde und Parsifal liegt nun die nächste Wagner-Inszenierung erneut bei einem in Hagen bisher unbekannten Team um Regisseurin Nelly Danker – man darf gespannt sein.
Fotos: Volker Beushausen
„In der Vogelkolonie“
Die Idee mit dem „Schwanen“-Ritter nimmt man am Theater Hagen ernst: Das Haus stemmt einen Lohengrin, den Regisseurin Nelly Danker nirgends sonst als – in einer Vogelkolonie spielen lässt. […]
Gesungen wird beachtlich. Dorothea Herbert ist eine selbstbewusste, vor allem im zweiten Akt leuchtende Elsa. Sie spielt sie mit einer gewissen Hektik, ihre Elsa soll gerade keine passive Trophäe sein. Tobias Haaks […] ist ein hell timbrierter, wo es darauf ankommt robuster Lohengrin. […] Aufhorchen lässt die Szene zwischen Telramund und Ortrud im zweiten Akt. Insu Hwang und Angela Davis bieten dramatische Kraft, saubere Deklamation und Wortdeutlichkeit.
Gefeiert wurde beim Schlussapplaus besonders der Dirigent Joseph Trafton, der mit den Hagener Philharmonikern Hörenswertes abliefert. Vor allem der erste Akt klingt recht muskulös, der zweite und dritte bietet dramatisch Zupackendes ebenso wie intime Klänge. Lob auch für den Hagener Chor […].
„Eine Reise wert“
Musikalisch ist [die Produktion] eine Reise wert. Das Publikum feiert die Inszenierung nach der Premiere […] mit langem Beifall im Stehen […].
Die Hagener Sopranistin Angela Davis stellt als Ortrud ein sensationelles Rollendebüt vor. Ihre Stimme vibriert geradezu vor Farben im geheimnisvollen mittleren und tiefen Spektrum, dazu eine Höhe, die das Orchester mühelos überstrahlt. […] Die wunderbare Sopranistin Dorothea Herbert ist eine überwältigend gute Elsa, mit einem bildschönen silbrigen Timbre, das mit der Gralsmusik um die Wette leuchtet. Auch der Lohengrin von Tobias Haaks ist ein Debut- Der junge Tenor verfügt über eine präsente, helle, gut geführte Stimme […]. Eine großartige Leistung zeigt der verstärkte Chor unter dem neuen Leiter Julian Wolf.
Der Hagener Generalmusikdirektor Joseph Trafton setzt der überaus süchtig machenden Lohengrin-Partitur eine Interpretation entgegen, welche die bildhaften und psychologischen Elemente herausarbeitet. Der filigranen ätherischen Gralsmusik im Vorspiel folgt ein lautester Vulkanausbruch der Blechbläser, und in diesem Spannungsfeld zwischen Feinzeichnung und Fortissimo bewegt sich die musikalische Handlung.
„Herrlich tiriliert“
Nelly Danker verortet das Geschehen rund um Elsa und Lohengrin, Ortrud und Telramund in … das Reich der Vögel!
Kaum ist das ätherische Vorspiel des Orchesters vorbei, flattert zu den Tönen der markigen Blechbläser der Heerrufer herbei, dann die Edlen von Brabant und Krieger – allesamt in hübschem und farbenfrohem Federkleid. […] Das alles […] verdient vor allem ein riesiges Lob in Richtung der Kostümabteilung des Theaters Hagen angesichts virtuoser Arbeit. Welch ein Aufwand! Mit welch einem fantastischen Ergebnis, für das Kostümbildnerin Amélie Sator verantwortlich ist!
Möchte man im Bild bleiben, ließe sich unbedingt konstatieren, dass herrlich tiriliert wird! Dorothea Herbert (Elsa) und Angela Davis (Ortrud) legen ganz viel Persönlichkeit und tief empfundene Emotionen in ihre Stimmen, aufbrausende ebenso wie lyrische. Dong-Won Seo ist ein gebieterischer Wiedehopf alias König Heinrich mit enorm fülligem Bass, Insu Hwang überzeugt auf ganzer Linie als Telramund. Tobias Haaks im Gewand des Schwans schlägt mit starkem, kernigem Forte und Fortissimo sein Rad […]. Chor und Extrachor, von Julian Wolf gediegen trainiert, entfalten enorme Kraft, die Dirigent Joseph Trafton auch mit dem Philharmonischen Orchester Hagen demonstriert […].
„Klangliches Cinemascope-Format“
Musikalisch befindet sich der Hagener Lohengrin klar auf der Habenseite.
Der von außerhalb erheblich verstärkte Chor des Hauses sowie dessen Extrachor unter Julian Wolf bleiben der Monumentalität des Werks nichts schuldig. Im Graben weitet Joseph Trafton mit dem Philharmonischen Orchester Hagen die […] Maße von Bühne und Auditorium ins klangliche Cinemascope-Format. Tobias Haaks’ Tenor ist dafür wie geschaffen. Haaks verleiht seinem Lohengrin viel Bronze und Virilität. […] Dorothea Herbert ist Elsa. Vokal befiehlt ihr weißer Pfau den Gralsritter geradezu herbei. Die Aufmüpfigkeit dringt noch aus der an der Oberfläche innigsten Phrase. In dieser Elsa brütet die Revolutionärin. Insu Hwang gibt einen schlanken Telramund. Verzehrendes Rachegelüst befeuert die Ortrud der auch stimmlich mit furioser Attacke bezwingend über die Bühne fegenden Angela Davis.
„Sehens- und hörenswert“
Danker und ihr Team erzählen mit scheinbarer Naivität ein Märchen und erschaffen dafür eine Kunstwelt, wobei die Kostüme allerlei Anspielungen auf die Moden unterschiedlichster Epochen zeigen.
So schimmert immer auch das Gesellschaftsdrama durch. […] [Danker] geht es um die Ausdeutung der Figuren und deren Psychologie, und natürlich um die rätselhafte Rolle des Gralsritters Lohengrin, der ohne ersichtlichen Grund um jeden Preis unerkannt bleiben muss. Und die Regie stellt auch die Frage, wer hier wen erlösen müsste. […]
Das […] Hagener Theater beeindruckt dabei wie schon im Parsifal mit hoher künstlerischer Qualität. Joseph Trafton dirigiert die zuverlässigen und aufmerksamen Hagener Philharmoniker mit flüssigen Tempi und findet einen oft beinahe liedhaften, die Sängerinnen und Sänger schön begleitenden Tonfall. […]
Nicht zuletzt der guten musikalischen Umsetzung wegen eine sehens- und hörenswerte Produktion.
„Wagner-Oper als zeitlose Fabel“
Im Theater Hagen sind es vor allem das Bühnenbild (Robert Pflanz) und die Kostüme (Amélie Sator), die Wagners Lohengrin aus der Vergangenheit holen. […]
Auch musikalisch weiß das Ensemble am Theater Hagen zu begeistern. Unter der Leitung von Generalmusikdirektor Joseph Trafton schießt die Klangkraft Wagners dem Publikum vom Philharmonischen Orchester Hagen aus dem Graben entgegen. […]
Die Darstellenden können der gewaltigen Klangmasse standhalten und sich über das Orchester hinwegsetzen. Tobias Haaks’ Lohengrin und Dorothea Herberts Elsa sind einander stimmlich ebenbürtig und harmonieren gut. Daneben schafft Angela Davis es als Ortrud, mit ihrer Stimme und Präsenz allein die ganze Bühne zu füllen.