Eine szenische Aufführung der Schubert-Lieder auf Gedichte von Wilhelm Müller
Am 30. Mai 2020, dem ersten Tag nach dem ersten Corona- Lockdown, hatte in Hagen Der Winterreise Erster Teil Premiere. In Franz Schuberts romantischer Winterreise fanden sich viele Momente, die die damals neuen Erfahrungen von Isolation und Vereinsamung ausdrücken konnten. Thema war aber eigentlich die Auseinandersetzung mit einer Trennung von einem Mann und einer Frau.
Im inzwischen entstandenen zweiten Teil bilden wieder eingeschobene Textfragmente von Ingeborg Bachmann einen starken Gegenpart zu Schuberts Musik. So hören wir nicht nur von einem einsam erlebten Trennungsschmerz des Mannes, sondern erleben einen Dialog und die Sicht auf das Geschehene aus zwei Perspektiven. Die Texte von Wilhelm Müller und Ingeborg Bachmann, die im Abstand von 130 Jahren entstanden sind, fügen sich auf verblüffende Weise ineinander und lassen ein neues Drama entstehen, dessen Themen uns heute noch bewegen: Das Bedürfnis nach Nähe, unser Begehren, Fragen nach Individualität und dem „richtigen“ Leben, Projektionen und Illusionen.
Schuberts Liedkomposition gilt bis heute durch ihre vollkommene Empathie mit dem Text als einzigartig. Obwohl sie in der Melodie einfach erscheint, ist sie kunstvoll in der Begleitung, die Stimmungen, Gefühle und Empfindungen mit immer wieder überraschenden musikalischen Mitteln Klang werden lässt. Wir laden Sie nun ein, beide Teile in dieser spannenden Zusammenstellung zu genießen.